Zurzeit sind die Rehböcke auf „Freiersfüßen“. Sie laufen den paarungsbereiten Ricken, so heißt das weibliche Rehwild, mitunter kilometerweit wie blind hinterher, die Ricken ihrerseits entziehen sich – als Teil des Brunftrituals. Es geht über Stock und Stein, durch dichtes Unterholz ebenso wie über Wiesen und Äcker, aber eben auch über viel befahrene Straßen, welche die Rehe in normalen Zeiten meiden.
Das wilde Treiben der Tiere findet jetzt zu jeder Tages- und Nachtzeit statt und nicht nur im Wald. Autofahrerinnen und Autofahrer müssen deshalb auch außerhalb der Wälder jederzeit mit Rehwild rechnen, das plötzlich und unvermittelt die Straße überquert. Wer auf den Straßen in der Region unterwegs ist, kann also durch rücksichtsvolles und vorausschauendes Fahren dazu beitragen, Personen- und Sachschäden zu vermeiden und den Wildtieren unnötige Leiden zu ersparen. Vor allem in Waldgebieten und außerhalb von Ortschaften rät das RP Kassel noch bis Mitte August zu besonderer Aufmerksamkeit im Verkehr. Unfallschwerpunkte sind vor allem Straßen, die zumindest auf einer Seite von Wald begrenzt sind. Aber auch entlang von Hecken oder zwischen hohen Ackerbaukulturen wie Maisfeldern kann unvermittelt Rehwild auftauchen.
Immer mit nachfolgenden Tieren rechnen
Achtung: Ein Reh kommt selten allein, meist folgt der Bock der Ricke. Wechselt ein Reh oder auch ein anderes Wildtier über die Straße, muss immer mit nachfolgenden Tieren gerechnet werden. Deshalb in einem solchen Fall: runter vom Gas, wenn nötig abblenden und die Stelle nur ganz langsam passieren.
Rund 15.000 Rehe sterben in Hessen Jahr für Jahr bei Verkehrsunfällen, bundesweit sind es etwa 200.000. Dabei werden die Rehe teilweise nicht auf der Stelle getötet; oft können sie sich mit schweren Verletzungen noch ein Stück davonschleppen. Dann müssen Jäger das verletzte Wild mit einem speziell ausgebildeten Jagdhund nachsuchen, um es von seinen Qualen zu erlösen. Bei einem Wildunfall verletzen sich zudem nicht selten auch die Fahrzeuginsassen und am Fahrzeug können hohe Sachschäden entstehen.
Bei Unfall: Polizei verständigen!
Hat es trotz aller Vorsicht doch einmal gekracht, sollte die nächste Polizeidienststelle kontaktiert werden (auch, wenn die Tiere geflohen sind), die dann eine Unfallbestätigung für die Versicherung ausstellt und den zuständigen Jagdpächter verständigt. Darüber hinaus sollte folgendes beachtet werden:
- Unfallstelle sichern (Warnblinklicht, Warndreieck)
- sich nicht dem verletzten Tier nähern, da dieses panisch werden kann und dadurch das Leiden noch vergrößert würde. Es kann passieren, dass das Wild versucht zu flüchten und weitere Unfälle verursacht. Auch ein totes Tier nicht anfassen (Seuchen- und Verletzungsgefahr)
- Beweise dokumentieren (Schäden fotografieren, Adressen von Zeugen notieren)
- Spuren am Fahrzeug bis zur Klärung der Versicherungsfrage nicht beseitigen
- Das Tier am Unfallort liegen lassen (Mitnehmen gilt als Wilderei und ist strafbar)
Zu beachten ist auch, dass es einen Verstoß gegen das Tierschutzgesetz darstellt, wenn man den Unfallort ohne Meldung verlässt. Dann können im Anschluss rechtliche Unannehmlichkeiten drohen.
Hintergrund:
Das Regierungspräsidium Kassel fungiert als Obere Jagdbehörde für das gesamte Land Hessen. Als solche übt das RP Kassel die Fachaufsicht über die Unteren Jagdbehörden aus, die bei den Landkreisen bzw. Magistraten der kreisfreien Städte angesiedelt sind. Dazu gehört u.a. auch die fachliche Beratung der Unteren Jagdbehörden. Die Obere Jagdbehörde nimmt hoheitliche Aufgaben nach Bundesjagdgesetz, Hessischem Jagdgesetz und Bundeswildschutzverordnung wahr. Weitere Rechtsgrundlagen bestehen in Verordnungen über: Jagd- und Schonzeiten, Jägerprüfung, Wildfütterung, Fangjagd, Hegegemeinschaften, Jagdbeiräte.