Anlage zur chemisch-physikalischen Behandlung von Abfällen der HIM in Kassel

Chemisch-physikalische Anlagen

Anorganische oder organischen Behandlungsprozesse für überwiegend flüssige oder pastöse Abfälle

Etwa 25 bis 30 Prozent aller in Deutschland anfallenden gefährlichen Abfälle werden chemisch-physikalisch behandelt. Die gefährlichen Inhaltsstoffe werden dabei zerstört oder in ungefährliche umgewandelt. Die anschließende umweltverträgliche Verwertung oder Beseitigung dieser Abfälle wird damit erst ermöglicht.

In chemisch-physikalischen Behandlungsanlagen werden überwiegend flüssige und pastöse Abfälle behandelt. In Abhängigkeit von der Herkunft und der Schadstoffbelastung der zu behandelnden Abfälle können verschiedene Verfahren und Verfahrenskombinationen eingesetzt werden.

Nach der Anlieferung werden die zu behandelnden Abfälle in der Regel im Labor untersucht. Hier werden die enthaltenen Stoffe identifiziert und ein Behandlungsplan festgelegt. Eine ordnungsgemäße Behandlung der Abfälle umfasst mehrere aufeinanderfolgende Verfahrensschritte. Sie werden auf Grund der Zusammensetzung des Abfalls, seines Reaktionsverhaltens und des angestrebten Behandlungsergebnisses festgelegt.

Die chemisch-physikalische Abfallbehandlung kann grundsätzlich in zwei unterschiedliche Behandlungstypen gegliedert werden: die anorganischen und die organischen Behandlungsprozesse.

Ziel der Behandlung ist die Entgiftung der toxischen Anionen, die Neutralisation von Säuren und Laugen, die Abtrennung von fällbaren Kationen (insbesondere Schwermetallen) und die Entwässerung von Schlämmen. Vorab werden unter Umständen Schweb- und Feststoffe zum Beispiel durch Sedimentation oder Filtration abgetrennt.

Die Abfälle fallen überwiegend als Abwasser bei der Oberflächenbehandlung von Kunststoffen und Metallen, in der Hydrometallurgie sowie als Dünn- / Altsäuren und Chemikalienreste an. Giftige Inhaltsstoffe wie Schwermetalle, Chromate oder Cyanide werden dabei entweder zerstört oder immobilisiert und abgeschieden.

In Kammerfilterpressen wird der anfallende Schlamm nach der Behandlung gepresst. Organisch belastetes Filtrat wird aufgefangen und über Aktivkohle gereinigt.

Neben der Gewinnung eines einleitfähigen Abwassers kann ein Teil der Behandlung auf die Rückgewinnung von Edel- und Buntmetallen durch Elektrolyse, Ionenaustausch, Kristallisation, Verdampfung oder ähnliches ausgerichtet sein.

Abfälle, die in organischen Behandlungslinien behandelt werden, bestehen im Wesentlichen aus Wasser mit Beimischungen aus Ölen und Fetten, wie zum Beispiel Bohr- und Schleifemulsionen, flüssige ölhaltige Betriebsmittel, Rückstände aus Öl- / Benzinabscheidern, ölhaltige Reinigungsabwässer sowie Entfettungsbäder.

Das vorrangige Behandlungsziel ist die Separierung der Ölphase von der Wasserphase durch Emulsionsspaltung, Eindampfung oder Membranfiltration, Zugabe von Salzen, Säuren oder organischen Spaltmitteln bei Emulsionen und Sedimentation, Dekantierung, Flockung, Flotation oder Leichtstoffabscheidung bei Schlämmen.

Die wässrige Phase wird in der chemisch-physikalischen Behandlungsanlage nachbehandelt, so dass das entstehende Abwasser gemäß den Einleitgrenzwerten schadlos in das Kanalnetz eingeleitet werden kann. Die Ölphase und die Schlammphase werden in der Regel einer thermischen Behandlung beziehungsweise einer energetischen Verwertung zugeführt.

Die Errichtung und der Betrieb von chemisch-physikalischen Behandlungsanlagen sind – abhängig von ihrer Anlagenkapazität – nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) genehmigungsbedürftig. Zuständige Stellen sind die Fachdezernate für Abfallwirtschaft bei den Regierungspräsidien.

Die relevanten Mengenschwellen sind im Anhang zur Vierten Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen – 4. BImSchV) wie folgt festgelegt:

  • Nummer 8.8
    Anlagen zur chemischen Behandlung, insbesondere zur chemischen Emulsionsspaltung, Fällung, Flockung, Kalzinierung, Neutralisation oder Oxidation, von
  • Nummer 8.8.1.1
    gefährlichen Abfällen mit einer Durchsatzkapazität an Einsatzstoffen von 10 Tonnen oder mehr je Tag.
  • Nummer 8.8.1.2
    gefährlichen Abfällen mit einer Durchsatzkapazität an Einsatzstoffen von weniger als 10 Tonnen je Tag.
  • Nummer 8.8.2.1
    nicht gefährlichen Abfällen mit einer Durchsatzkapazität an Einsatzstoffen von 50 Tonnen oder mehr je Tag.
  • Nummer 8.8.2.2
    nicht gefährlichen Abfällen mit einer Durchsatzkapazität an Einsatzstoffen von 10 Tonnen bis weniger als 50 Tonnen je Tag.
  • Nummer 8.10
    Anlagen zur physikalisch-chemischen Behandlung, insbesondere zum Destillieren, Trocknen oder Verdampfen mit einer Durchsatzkapazität an Einsatzstoffen bei
  • Nummer 8.10.1.1
    gefährlichen Abfällen von 10 Tonnen je Tag oder mehr.
  • Nummer 8.10.1.2
  • gefährlichen Abfällen von 1 Tonne bis weniger als 10 Tonnen je Tag.
  • Nummer 8.10.2.1
    nicht gefährlichen Abfällen von 50 Tonnen je Tag oder mehr.
  • Nummer 8.10.2.2
    nicht gefährlichen Abfällen von 10 Tonnen bis weniger als 50 Tonnen je Tag

Genehmigungsverfahren nach den Nummern 8.8.1.1, 8.8.1.2, 8.8.2.1, 8.10.1.1 und 8.10.2.1 werden gemäß § 10 BImSchG im förmlichen Verfahren durchgeführt. Diese Anlagen (außer nach Nummer 8.8.1.2 genehmigte) unterliegen außerdem der Industrieemissions-Richtlinie (Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) - IE-RL).

Genehmigungsverfahren nach den Nummern 8.8.2.2, 8.10.1.2 und 8.10.2.2 werden gemäß § 19 BImSchG im vereinfachten Verfahren durchgeführt.

Für die in der Regel erforderliche Zwischenlagerung von Abfällen sind nach Anhang 1 der 4. BImSchV noch zusätzliche Genehmigungsziffern (Nummern 8.12 und 8.14) zu berücksichtigen.

Anlagen zur chemisch-physikalischen Behandlung fallen nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) unter die Nummern 8.5, 8.6.1, 8.6.2 und 8.6.3 der Anlage (Liste „UVP-pflichtige Vorhaben“).

Für Erstgenehmigungen von Anlagen nach den Nummern 8.5 und 8.6.1 ist grundsätzlich eine Umweltverträglichkeitsuntersuchung durchzuführen, bei Anlagen nach Nummer 8.6.2 erfolgt eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls (siehe § 3c Satz 1 UVPG) und bei Anlagen nach Nummer 8.6.3 eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls (siehe § 3c Satz 2 UVPG).

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